Vortragsreihe: System. Macht. Ungerechtigkeit.

Mit der Vortragsreihe „System. Macht. Ungerechtigkeit.“ möchten wir Allen die Möglichkeit geben, unterschiedliche Einblicke in das Thema „Diskriminierungsformen und soziale Ungleichheiten“ zu erhalten. Denn unsere Alltagserfahrungen werden davon beeinflusst, wie wir von Anderen auf Grund des Aussehens unserer Körper, unseres Geschlechts, unserer Sexualität und ausgelebten Beziehungsform, unseres Glaubens, finanzieller Mittel, unserer Herkunft und unseres Gesundheitsgrads sowie unseres Alters wahrgenommen werden.Historisch gewachsene Normen, Gesetze und Vorannahmen beeinflussen, welche Eigenschaften und Merkmale wir abhängig von der Situation positiv oder negativ bewerten.

In den Vorträgen geht es darum, an Verständnis für die eigene und andere Lebensrealität(en) zu gewinnen. Dabei wollen wir ergründen, wie Mechanismen entstehen, die zu Diskriminierung führen. Referierende aus unterschiedlichen Fachrichtungen werden ihre Expertise über unterschiedliche Formen der Ausgrenzung und Diskriminierung mit uns teilen. Die Beiträge richten sich unabhängig vom bisherigen Wissensstand, an alle Studierenden, Mitarbeitenden und Interessierten der breiten Öffentlichkeit. Wir wünschen uns eine Umgebung, die das (Ver)lernen von Denkmustern möglich macht. Wir möchten die einzelnen Veranstaltungen möglichst barrierearm gestalten. Wenn ihr teilnehmen möchtet, aber eine Barriere für Euch seht, gebt uns gerne Bescheid. Wir versuchen dann, gemeinsam eine Lösung zu finden. Die studentische Initiative „Chaoskollektiv“ organisiert die Vortragsreihe.

Bei Fragen richtet Euch gerne an chaoskollektiv[at]tu-braunschweig.de. Wir kooperieren mit dem AStA, dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies, dem Green Office, der Koordinierungsstelle Diversity, der KNOW MORE Kampagne und der Kooperationsstelle Hochschule – Gewerkschaften.

In Zusammenarbeit mit der Referentin für Diversity Policies leisten wir einen Beitrag zur diversitätsbewussten Hochschulentwicklung.

Alle Vorträge finden mittwochs von 19 Uhr bis 20.30 Uhr im Hörsaal SN 19.1 (Altgebäude) statt.

Übersicht der Vorträge

Mittwoch, 19. April, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Türkân Deniz-Roggenbuck

Mein Hund, dein Hund, unser Hund: die Grenzen des Denkens und Wissens dekonstruieren

Eine 30-minütige Reise, quer durch das Themengebiet um Diversität als Mindset, Handlung, Haltung und Dialog. Allzu oft scheitert eine Verständigung daran, dass unterschiedliche Wissensbasen vorliegen und so ein gemeinsames Denken kaum möglich machen. In diesem Beitrag wird der Fokus nicht auf „DiversityWashing“ gelegt, sondern auf themenübergreifende und verschränkte Gedanken, die einen Raum öffnen sollen: Für sich, für andere, für eine „Positionsfindung“. Denn: Haltung ist kein Ziel, sondern ein Resultat dessen, was ich bereit bin NEU zu sehen, zu lernen und anzuwenden. In der Auseinandersetzung mit den Themen Partizipation, Haltung und Repräsentanzen im Kontext von normkonstruierten Hegemonien, in dessen Blick die Erweiterung der individuellen Selbstentwicklung steht.

Türkan Deniz-Roggenbuck

Mittwoch, 26. April, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Dr.-Ing. Dr. hc. Corinna Bath

Wie lässt sich Künstliche Intelligenz mit Geschlechterforschung gestalten? Von Objektivität, Diskriminierung und Gerechtigkeitsansätzen

Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) gelten zwar häufig als neutral und objektiv. Fallstudien zeigen jedoch, dass sie Verzerrungen (Biases) oder Diskriminierungen nach Geschlecht und anderen Kategorien sozialer Ungleichheit reproduzieren und verstärken. Im Vortrag möchte ich nach einer kurzen Vorstellung einiger paradigmatischer Beispiele für diese Problematiken vorliegende Strategien diskutieren, wie diesen begegnet werden kann. Aus den Perspektiven der Geschlechterforschung erweisen sich die in informatischen Kreisen und regulatorischen Gremien vorherrschenden Konzepte wie Fairness, Transparenz, Erklärbarkeit und Ethik als zu kurz greifend. In den letzten Jahren sind allerdings eine Reihe von (teils aktivistisch motivierten) Ansätzen entstanden, die auf (mehr) Gerechtigkeit in den Technikgestaltungsprozessen von KI und ihren Produkten zielen. Häufig liegen diesen Ansätzen aktuelle Konzepte der Geschlechterforschung zugrunde. Können wir damit KI -Systeme gestalten, die kritischen Fragen der Geschlechterforschung standhalten?

Mittwoch, 3. Mai, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Prof. Dr. Zülfukar Çetin

"Verflechtungen von Rassismus und Heteronormativität" am Beispiel Queer of Colors bzw. Queers mit Rassismuserfahrungen  

Der Vortrag basiert auf der Dissertationsarbeit von Zülfukar Çetin „Homophobie und Islamophobie. Intersektionale Diskriminierungen am Beispiel binationaler schwuler Paare in Berlin“. Im Vortrag geht Zülfukar Çetin auf die Verwobenheit von Heteronormativität und Rassismus sowohl theoretisch als auch empirisch ein. Während ein Schwerpunkt auf den Erfahrungen Queerer Personen in Deutschland liegt, stellen die Heteronormalisierung und Orientalisierung wie Rassifizierung der queeren of Color einen anderen Schwerpunkt dar.

Abschließend liest Zülfukar Çetin Interviewauszüge aus seinem Buch. Hierbei handelt es sich um Berichte über Diskriminierungserfahrungen mit Homophobie, Rassismus, sozialen Benachteiligungen und Mehrdimensionalen Diskriminierungen, womit die Interviewten in ihrer Lebensgeschichte und in ihrem Leben konfrontiert sind.

Mittwoch, 10. Mai, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Prof. Dr. Lorenz Narku Laing

Politischer Rassismus in der post-homogenen Gesellschaft

Rassismusforscher und Diversity-Experte Prof. Dr. Lorenz Narku Laing arbeitet seit vielen Jahren zu den Themen Rassismus, Diskriminierung und Diversität. In seinem Vortrag „Politischer Rassismus in der post-homogenen Gesellschaft“ wird er die Ursachen und Konsequenzen des gegenwärtigen politischen Rassismus beschreiben und an Thesen aus seinem gleichnamigen Buch anknüpfen. 

Mit etablierten rechtspopulistischen Akteuren hat sich der politische Rassismus in Deutschland als Folge des gesellschaftlichen Wandels hin zu einer post-homogenen Gesellschaft wieder institutionalisiert. Welche Konsequenzen müssen wir für uns als Bürger_innen daraus ziehen und wie können wir dieser Form von Rassismus entgegenwirken? Herausforderungen und Perspektiven eines zentralen Themas der politischen Gegenwartsgesellschaft.

Mittwoch, 17. Mai, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Dr. Francis Seeck

Armutsbetroffen und queer: Intersektionale Perspektiven auf Klassismus und Queerfeindlichkeit

Der Begriff Klassismus bezeichnet die Diskriminierung entlang der Klassenherkunft oder Klassenposition. Klassismus richtet sich gegen Menschen aus der Armuts- oder aus der Arbeiter*innenklasse und begrenzt den Zugang zu Wohnraum, Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Teilhabe, Anerkennung, Netzwerken und Geld. Häufig wirkt Klassismus mit anderen Diskriminierungsformen zusammen. In dem Vortrag wird aufgezeigt, wie Klassismus die Gesellschaft prägt und auf welche Weisen er mit Queerfeindlichkeit zusammenwirkt.

Zu Dr. Francis Seeck:

Dr. Francis Seeck ist Kulturanthropolog*in, Autor*in und Antidiskriminierungstrainer*in. Seeck forscht und lehrt zu Klassismus(kritik), geschlechtlicher Vielfalt und diskriminierungskritischer Sozialer Arbeit. Nach einer Vertretungsprofessur an der Hochschule Neubrandenburg arbeitet Seeck zurzeit als Postdoc an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2020 gab Seeck den Sammelband »Solidarisch gegen Klassismus« mit Brigitte Theißl heraus. 2021 erschien die Studie »Care trans_formieren« und 2022 die antiklassistische Streitschrift »Zugang verwehrt«.

Mittwoch, 24. Mai, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Prof. Dr. Gerhard Wegner

Antisemitismus - Herausforderung für Staat und Gesellschaft

Im 19. Jahrhundert etabliert sich die Wortschöpfung des Anti-Semitismus als Fachbegriff, um die Ablehnung der jüdischen Konfession, Kultur und Menschen in Ergänzung der affektgeladenen religiösen Ausprägung nunmehr unter Vorgabe einer wissenschaftlichen Nachweisbarkeit gesamtgesellschaftlich salonfähig zu machen. Bis heute beeinflusst diese Verankerung die Wahrnehmung von Judenfeindlichkeit innerhalb der Bevölkerung. Während antisemitische Diskriminierung für Jüdinnen und Juden zur alltäglichen Lebensrealität gehört, wird sie von der Mehrheitsgesellschaft kaum bemerkt. Stattdessen werden judenfeindliche Äußerungen, Verhaltensweise oder Angriffe zumeist bagatellisiert und toleriert.

Gerade die vergangenen Jahre haben durch die pandemisch- und kriegsbedingten Ausnahmezustände sichtbar gemacht, wie verbreitet und akzeptiert antisemitisches Gedankengut gesamtgesellschaftlich ist. Doch die besondere Konstitution aus judenfeindlichen Stereotypisierungen und Vorverurteilungen lässt es zu, dass sich Antisemitismus in unterschiedlichen Ausdrucksformen darstellt. Zu erkennen sind u.a. religiöse, rassistische oder ideologische Ausprägungen. Hinzutreten können episodisch auftretende erinnerungskulturelle und weltpolitische Komponenten. Diese Vielschichtigkeit eröffnet diverse Anknüpfungspunkte, sodass Antisemitismus, unabhängig von Sozialisation, Mentalität und Bildung überall Zustimmung findet. Es ist nicht verwunderlich, dass die Zahl der antisemitischen Übergriffe in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Doch anstatt repressive und präventive Maßnahmen durchzusetzen, wirkt das Gebärden der staatlichen Organe oft phlegmatisch. Vereinzelt verstärken sie durch ihre Vorgehensweise sogar den Eindruck einer strukturellen und institutionellen Billigung der Ablehnung von jüdischem Leben.

Mittwoch, 7. Juni, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Jana Szeimies, Prof. Dr. Okka Zimmermann

Ob hetero oder queer, reproduktive Gerechtigkeit! Elternschaft im Kontext von Arbeit, Studium, Normativität und Recht

Gleichberechtigung in Bezug auf Elternschaft wurde bisher gesellschaftspolitisch und auch wissenschaftlich wenig aufgegriffen, obwohl Elternschaft Identitäten und Teilhabemöglichkeiten stark bestimmen kann. Anerkennung und Teilhabe werden für Eltern von Verfügbarkeit der Kinderbetreuung, Steuer-Modellen, Arbeitszeit-Modellen, rechtlichen Möglichkeiten usw. beeinflusst, die wiederum maßgeblich von weiteren politischen, institutionellen und normativen Rahmenbedingungen abhängen. In dieser Sitzung führen wir in das Thema ein und stellen aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema soziale und reproduktive Gerechtigkeit für Eltern vor. Ihr erhaltet u.a. Einblick zu den Themen Vereinbarkeit von Elternschaft und Erwerbsarbeit, Mutterschaft im Hochschulkontext und Elternschaft in lesbisch-queeren Familienkonstellationen.

Mittwoch, 14. Juni, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Klimagerechtigkeit

Lea Dehning, Angela Asomah (BUND Jugend)

Die Klimakrise gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit und beeinflusst schon jetzt das alltägliche Leben vieler Menschen auf der Welt, vor allem im Globalen Süden. Durch die Klimakrise werden koloniale Kontinuitäten und bestehende Ungerechtigkeiten fortgesetzt und verstärkt.

In unserem Vortrag besprechen wir den Ursprung der Klimakrise, zeigen die Verknüpfung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen auf und stellen unterschiedliche Widerstandsbewegungen und Ansätze für Klimagerechtigkeit vor.

Angela Asomah und Lea Dehning sind Aktivist*innen und Bildungsreferent*innen. Die beiden geben zusammen Workshops und Seminare zu Klimagerechtigkeit, Intersektionalität und Empowerment bzw. Critical Whiteness.

Mittwoch, 21. Juni, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Fikri Anıl Altıntaş

Muslimische Männer, Männlichkeit und Medien – Über Konstruktion und Funktion von Narrativen

Im Vortrag "Muslimische Männer, Männlichkeit und Medien – Über Konstruktion und Funktion von Narrativen“ geht Fikri Anıl Altıntaş auf die Intersektion von Gender und race am Beispiel türkisch-muslimischer Männlichkeit in DE ein und versucht durch einen medienkritischen Blick die Frage zu beantworten: Wie entstehen und manifestieren sich Narrative um "migrantische" Männlichkeiten?

Mittwoch, 28. Juni, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Laura Rasche und Dr. Britta Wittner

Solidarische Antworten durch gewerkschaftliche Kämpfe / Gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung  

In einer Welt voll Ungerechtigkeit wird es immer wichtiger, solidarische Antworten zu finden. Gewerkschaften treten seit über 150 Jahren für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen ein. Sie bilden ein Gegengewicht zu der gewinnmaximinierenden Ausrichtung im Kapitalismus. Unter dieser Logik leiden besonders die Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind. Neben Arbeitskämpfen machen sich Gewerkschaften für eine tolerante Gesellschaft stark. Sie arbeiten dabei in einer antifaschistischen Tradition und wurden in der Geschichte selbst verfolgt und enteignet. Gemeinsam gucken wir auf vergangene Kämpfe und überlegen, was Gewerkschaften heute noch für uns tun können. Her mit dem schönen Leben!

Mittwoch, 5. Juli, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Critical Whiteness

Sabrina Rahimi

In meinem Vortrag werden wir uns einführend mit der Realität von strukturellem Rassismus beschäftigen, die eng verknüpft ist und reproduziert wird durch Weißsein als System von Privilegien. Der Vortrag gibt einen thematischen Aufschlag zu dem Konzept des critical whiteness. Anhand einer Arbeitsdefinition zu Rassismus wird Weißsein kritisch reflektiert. Ausblickend möchten wir über den Einfluss von Rassismus und "weißer Kompliz*innenschaft" in der Sozialen Arbeit sprechen und Bereiche identifizieren, in denen eine vertiefte antirassistische und kritisch weiße Reflexion sinnvoll ist.

Mittwoch, 19. Juli, 19 - 20:30 Uhr (SN 19.1)

Anouk Almstedt, Prof Dr. Angela Ittel

Antidiskriminierung im eigenen Wirkungsfeld

Umgang mit strukturellen Ungleichheiten an Universitäten

Anouk Almstedt