Kristche Einordnung des Films: Feuerzangenbowle

Datum: 02.12.2024

Die Weihnachtszeit ist da und das heißt für viele Studierende auch ein geselliger Abend mit einem heißen alkoholischen Getränk in der Hand und dem Filmklassiker „Die Feuerzangenbowle“. Diese Tradition gibt es an deutschen Unis schon seit Jahrzehnten und wird auch heute noch von vielen Fachgruppen und Initiativen an der TU Braunschweig zelebriert. Die Hintergründe dieses Films sind dabei leider nur wenigen bekannt.

@antifa.astatubs hat dazu schon vor einigen Jahren eine ausführliche kritische Einordnung verfasst und veröffentlicht. Auf diese soll hier nochmal in Kurzform aufmerksam gemacht werden.

1943 gedreht und ab 1944 in den Kinos gezeigt stammt der deutsche Film „Die Feuerzangenbowle“ aus einer Zeit in der Joseph Goebbels nur wenige Monate vorher den „totalen Krieg“ ausgerufen und alle gesellschaftlichen Ressourcen, also auch die Filmbranche, diesem Krieg unterstellt hat. Ihm fallen im Laufe der Jahre mehrere Millionen Menschen zum Opfer und auch die industrialisierte Ermordung von über 6 Millionen jüdischen Menschen wird in dieser Zeit vom NS-Regime verübt. In dieser Zeit entsteht „Die Feuerzangenbowle“ also klar als Propagandafilm, auch wenn er auf den ersten Blick so vielleicht gar nicht wirken mag. Der Film kommt eher harmlos daher, aber genau darin vermuten Filmkritiker*innen die große Beliebtheit des Films: Er stellt die NS-Zeit als etwas harmloses dar. Die Propaganda ist dabei absichtlich subtil. Goebbels sagte dazu selbst: „In dem Augenblick, da eine Propaganda bewusst wird, ist sie unwirksam. Mit dem Augenblick aber, in dem sie als Propaganda […] im Hintergrund bleibt und nur durch Handlung […] [und] Kontrastierung von Menschen in Erscheinung tritt, wird sie in jeder Hinsicht wirksam sein.“

In dem Film vertritt der anerkannte Lehrer Dr. Brett das autoritäre NS-Regime, während sein Gegenstück der anti-autoritäre Dr. Bömmel, dessen Haltung im Film immer wieder ins Lächerliche gezogen wird, demokratische und egalitäre Werte verkörpert. Außerdem wird in Dialogen und Unterrichtszenen des Films die für die NS-Zeit typische Militarisierung der Jugend idealisiert und propagiert sowie eine weit verbreitete Lüge der Nazis gelehrt, die zur Rechtfertigung des Eroberungskrieges genutzt wurde. Zusätzlich zu der Verbreitung von NS-Propaganda sind einige Vorstellungen der „Feuerzangenbowle“ auch wegen sexistischer „Mitmachaktionen“, wie zum Beispiel das „Hinterherpeifen“ und die Benutzung von Laserpointern, wenn eine weiblich gelesene Person im Publikum aufsteht, mehr als kritisch zu betrachten. Auch liegen die Filmrechte bei einer AfD-Kommunalpolitikerin, die in der Vergangenheit bereits Vorstellungen mit historischen Einordnungen untersagt hat.

✊ Der AStA ruft die Studierenden der TU also dazu auf: Brecht mit dieser mehr als problematischen Tradition, geht nicht zu diesen Vorführungen und bittet eure Fachgruppen darum einen anderen Film zu zeigen. Ein geselliges Beisammensein in der Weihnachtszeit geht auch ohne NS-Propaganda.

Schreibt eure Filmempfehlungen für die Weihnachtszeit gerne in die Kommentare und schafft gemeinsam neue Traditionen! 🎄✨


--- english version ---

Christmas time is here and for many students that also means a convivial evening with a hot alcoholic drink in hand and the classic film ‘Die Feuerzangenbowle’. This tradition has existed at German universities for decades and is still celebrated today by many student groups and initiatives at TU Braunschweig. Unfortunately, only a few people are aware of the background to this film. A few years ago, the Anti-Fascism Department wrote and published a detailed critical assessment of the film. This should be summarised again here.


Shot in 1943 and shown in cinemas from 1944, the German film ‘Die Feuerzangenbowle’ was made at a time when Joseph Goebbels had proclaimed ‘total war’ just a few months earlier and subordinated all social resources, including the film industry, to this war. Over the years, several million people fell victim to it and the industrialised murder of over 6 million Jewish people was also carried out by the Nazi regime during this period. During this time, ‘Die Feuerzangenbowle’ was clearly made as a propaganda film, even if it may not seem like one at first glance. The film comes across as rather harmless, but this is precisely where film critics suspect the film's great popularity lies:
It portrays the Nazi era as something harmless. The propaganda is deliberately subtle. Goebbels himself said: ‘The moment propaganda becomes conscious, it is ineffective. But the moment it remains in the background as propaganda [...] and only appears through action [...] [and] contrasting people, it will be effective in every respect.’

In the film, the respected teacher Dr Brett represents the authoritarian Nazi regime, while his counterpart, the anti-authoritarian Dr Bömmel, whose attitude is repeatedly ridiculed in the film, embodies democratic and egalitarian values. Furthermore, the film's dialogues and classroom scenes idealise and propagate the militarisation of youth typical of the Nazi regime and teach a widespread Nazi lie that was used to justify the war of conquest. In addition to the spread of Nazi propaganda, some performances of ‘Feuerzangenbowle’ should also be viewed more than critically because of sexist ‘join-in’ actions, such as the ‘whistling after’ and the use of laser pointers when a female person in the audience stands up. The film rights are also held by an AfD local politician who has already banned screenings with historical context in the past.

✊ The AStA is therefore calling on TU students to do the following: Break with this more than problematic tradition, don't go to these screenings and ask your student groups to show a different film. A cosy get-together at Christmas time is also possible without Nazi propaganda.

Feel free to write your film recommendations for the Christmas season in the comments and create new traditions together!🎄✨